Nachdem ich nun schon die Hälfte meiner Zeit in Brüssel hinter mir habe, komme ich endlich den vielen Beschwerden nach und berichte ein wenig über mein Leben in der ‚Hauptstadt‘ der EU. In der ich inzwischen schon wirklich viel erlebt habe und auch gar nicht wirklich weiß, wo ich anfangen soll.

Vielleicht eine kleine Warnung vorweg: Falls sich jemand noch dazu entschließt mich zu besuchen, sollte er die Fahrt nach Brüssel am besten ohne Auto auf sich nehmen. Die Stadt ist verkehrspolitisch ein Desaster und während der Rush-hour herrschen hier mitunter bürgerkriegsähnliche Zustände auf den viel zu engen Straßen. Natürlich könnte ich mich in diesem Zusammenhang über ein paar ganz spezielle Eigenheiten der Brüsseler auslassen aber bevor mir wieder der Vorwurf des Kulturimperialismus gemacht wird, preise ich an dieser Stelle lieber die Errungenschaften der belgischen Kultur – namentlich Pommes Frites, Waffeln und Pralinen. Wegen dieser heiligen Trias der Kalorienbomben lohnt sich jederzeit ein Abstecher in unser Nachbarland!Für Praktikanten ergeben sich noch ganz andere Möglichkeiten diese Stadt zu genießen, wenn man die richtigen Leute kennt und keine Abendveranstaltung auslässt. In den Brüsseler Wochen des Parlaments platzt der Terminkalender hier aus allen Nähten – es gilt also nur auf die Liste der Eingeladenen der verschiedenen Events zu kommen. Mein persönlicher Höhepunkt war bisher eine Veranstaltung im Goethe-Institut. Es wurde erst der Film „Novemberkind“ gezeigt (wirklich sehr empfehlenswert!) mit anschließender Diskussionsrunde mit Regisseur und Hauptdarstellerin. Danach gab es ein köstliches Buffet und zum Abschluss wurden die übrig Gebliebenen in die nahe Landesvertretung Baden Württembergs umgeleitet, wo dann in der „Schwarzwaldstube“ das Rothauspils in Strömen floss. – Allein die Schwarzwaldstube ist einen Blog-Eintrag für sich wert. Jene besagte Stube kommt im Charme einer rustikalen Kneipe im Schwarzwald daher und befindet sich im Keller der Vertretung. Die Idee dazu hatte der damalige Ministerpräsident Teufel, der einem absolutistischen Herrscher gleich veranlasste, dass dieses Kleinod der südwestdeutschen Gemütlichkeit auch in Brüssel gebaut wird, da ein vorhandenes Pendant in der Vertretung in Berlin so gut ankommt.

Aber genug zur deutschen Leitkultur in Brüssel. Ich entlasse euch jetzt lieber mal in den verdienten Sonntag und verspreche mich bald wieder zu melden!

p.s. For all you guys from Jyväskylä: I’ll try my very best to present some information on my time in Brussels in English asap 😉

Ich wünsche euch allen ein formvollendetes Weihnachtsfest und ein Frohes Neues Jahr und freue mich möglichst viele von euch in den nächsten Tagen wieder zu sehen. Danke für das Verfolgen meines Auslandssemesters in Jyväskylä; ich hoffe ich konnte euch ein paar mal ein Lächeln abringen.

Ich meld‘ mich dann im Januar wieder aus Brüssel. Bis dahin alles Gute!

Ach ja, wenn noch jemand ’ne tolle Last Minute Geschenkidee für die Omi braucht:

Ich habe gerade das absonderlichsten und gleichzeitig schönste Wochenende meines Erasmusaufentaltes erlebt. Wir (2 Belgier, eine Französin und ich) sind von der überaus lieben Sanna-Mari  in die Sommerhütte ihrer Eltern eingeladen worden und wurden von drei weiteren finnischen Freunden begleitet. Sollte jetzt die Frage aufkommen,  was man in einer Sommerhütte im Schnee machen will, so liefert der mitgefahrene Vellu die Antwort: „We can heat up the sauna all day and drink.“ Also fuhren wir ins schöne Karttula (wer kennt es nicht) unweit Kuopios. Die Infrastruktur stimmte, denn der Ort verfügt sogar einen Alko, dessen Öffnungszeiten wir jedoch verschlafen haben…

Was ich an diesem Wochenende von der finnischen Kultur mitgenommen habe reicht eigentlich für einen ganzen Auslandsaufenthalt. Wir haben mit Vellu auch über das Problem Winterdepression gesprochen (Tageslicht gibt es derzeit hier von kurz vor 10 bis halb 3. Sonnenlicht hab ich vor gut vier Wochen das letzte mal gesehen. ). Auf die Frage ob er während des Winters depressiv wird antwortete er: „No, …well I drink a lot.“

Die Abwesenheit des Lichts macht aber auch möglich den Biorhythmus zu umschiffen. Es hat schon was für sich, wenn man die Nacht durchmacht, kurz vor 9 ins Bett geht und es immer noch so dunkel wie morgens um 2 ist. Dieser Aussage könnt ihr sicherlich entnehmen, dass wir Vellus Vorschlag zur Nutzung des Tages effektvoll umgesetzt haben. Wir haben uns geschmeidig ins Delirium sauniert, Werwölfe gespielt und gequatscht.

Die Gespräche dort waren einfach großartig. Jarno, ein bäriger Hippie-esker Politikstudent, brillierte mit Unmengen unnützem Wissen. Er hat einen faible für Nationalhymnen, kann beispielsweise den finnischen Text der Marseillaise in zwei Versionen und Auferstanden und Ruinen,  sowie das Horst Wessel Lied (!) singen, ohne jemals deutsch gelernt zu haben. Außerdem beschäftigt er sich derzeit mit der Geschichte Haitis und hatte passend dazu Vodoo-Musik im Gepäck.

Einen weiteren Höhepunkt bildete der Ausflug in die örtliche Kneipe, wohin uns die (natürlich betrunkenen) Nachbarn, ein etwa 50-jähriges Pärchen, das kein Englisch konnte, eingeladen haben. Das war an allen Maßstäben gemessen einfach nur noch bizarr…

Ihr seht, es hat sich gelohnt in die finnische Pampa zu fahren. Darunter leidet zwar die Vorbereitung für Weihnachten aber zum Glück liefert das Internet – hier in der Person Justin Timberlakes – überaus kreative Geschenkideen)

Danke Max! Niemand sollte mehr behaupten, dass der gute Justin nicht cool ist.

Das Highlight der Lapplandreise war für mich der Tagesausflug nach Norwegen an den Arktischen Ozean (Wir hatten ja alle noch nicht genug Zeit im Bus verbracht). Einige Enthusiasten haben sogar dort bei entspannten -3°C Wassertemperatur gebadet – das dortige Meerwasser friert erst bei -8°C und tut das wohl dank des Golfstroms sehr selten. Ansonsten konnte man auf der Fahrt viele wichtige Dinge lernen. Zum Beispiel, dass die vier Stunden Dämmerlicht der nahenden Polarnacht kein erstrebenswerter Dauerzustand sind oder dass die Nord-Norweger gerne einen Abstecher nach Finnland machen, um billigen (!) Alkohol zu kaufen… Merke: es geht immer noch teurer – ein Sixpack Bier hat in einem norwegischen Supermarkt schlappe 15€ gekostet.

Weiteres Highlight war die uns zur Verfügung stehende Sauna mit dazugehörigem Loch im zugefrorenen See oder der Alternative sich im reichlich vorhandenen Schnee zu wälzen. Die Möglichkeiten wurden intensiv genutzt. Ich empfehle das Eiswasser. Es ist wesentlich angenehmer und einpaar Grad wärmer als die Schneekristalle, die auch noch Minuten später auf der Haut brennen.

Erwähnenswert war auch noch die Schneeballschlacht epischen Ausmaßes – an der ich glücklicherweise nicht teilgenommen habe. Angezettelt wurde sie von Deutschen, die sich binnen kürzester Zeit alle übrigen anwesenden Nationalitäten zum Feind gemacht hatten und sich der Übermacht geschlagen geben mussten. Die Geschichte scheint sich also irgendwie doch zu wiederholen 😉

Was bleibt mir noch zu erwähnen? Nun, ich habe mein Repertoire an der/die/das „nördlichste“ ordentlich erweitert. Immerhin kenne ich jetzt dank unseres Busfahrers den nördlichsten LIDL Europas – er moderierte diese Sehenswürdigkeit übrigens mit „Are there any Germans in the bus?“ an. Zudem hab ich nette Aussteigerfinnen kennen gelernt, die diesen Hüttenkomplex betreiben. Einer von ihnen hat mal bei der Marketingabteilung von Nokia gearbeitet, war weltweit unterwegs und hat sich dann einfach nach dem richtigen Winter gesehnt. Eine andere meinte zu uns, dass sie Südfinnland nicht mag, dort wären ihr zu viele Menschen. Mitteleuropa würde sie wahrscheinlich in eine tiefe seelische Krise stürzen.

Ich freu mich allerdings schon auf Berlin und bald auch Brüssel. Bald heißt es hier „Goodbye Finland“. Bis dahin poste ich aber sicherlich noch ein paar Mal sinnlosen Weihnachtskram. Bis dann!

Der Unistress ist endlich von mir abgefallen. Habe heute meine letztes Seminar inklusive Referat über die Runden gebracht und kann mich jetzt – mal abgesehen von der anstehenden Hausarbeit – ein wenig entspannen und euch von Lappland berichten.

Die Reise in den hohen Norden war wirklich ihr Geld wert. Kein Klischee wurde ausgelassen (Kälte, Schnee, Polarnacht, Rentiere etc.). Angefangen hat das ganze, nach einer überaus komfortablen Nacht im Bus, mit einem Besuch im Santa Claus Village in der Nähe von Rovaniemi, direkt auf dem Polarkreis. An diesem Ort findet der Weihnachts-Holocaust statt. Konsum wird dort groß geschrieben. Ein Besuch bei Santa Claus ist ist zwar inklusive – die dort gemachten Fotos jedoch nur mit massivem Budget finanzierbar. Wie wäre es mit einem A2 Poster von Dir und Santa für nur 45€? Nachdem man aus dem Weihnachtsmannzimmer geschubst wird gelangt man dann in den Santa Shop, in dem es wirklich jeden Schwachsinn zu kaufen gibt. Wie wäre es mit Santa Golfbällen zum Fest?

Aber auch Rovaniemi wurde besucht. Dank großzügiger Hilfe der Wehrmacht (Hurra, ich habe höchstwahrscheinlich die nördlichste Stadt besucht, die je von Deutschen zerstört wurde.) konnten sich dort finnische Architekten in den 50ern und 60ern ordentlich austoben – was nicht unbedingt zu behaglicher Atmosphäre führt aber der Schnee hat das wieder wett gemacht.

Danach ging es dann weiter zu unserem eigentlichen Ziel: eine kleine Ansammlung von pittoresken Hütten unweit von Inari – schlappe 300 km nördlich des Polarkreises. Die Hütten waren wirklich klasse und das Programm erstklassig. Wir wurden rundum bespaßt, so war Schneeschuh-Orientierungslauf, Eisfischen, Langlaufski, Iglus bauen und natürlich frieren inklusive.

Sorry für die längere Funkstille, doch nach meiner überaus beeindruckenden und wunderschönen Lapplandexkursion hat mich der Unialltag eingeholt. Ja, ich muss hier tatsächlich auch ‚ein bisschen‘ studieren. Bis nächsten Dienstag muss ich ganz schön ranklotzen. Daher gibt es erst dann Reiseberichte aus dem Norden. Soviel vorab: Ich hab bei Santa Claus ein gutes Wort für euch eingelegt 😉

Während ich hier also noch die letzten Tage universitär aktiv bin, könnt ihr euch mit den Wet Spots ein wenig der vorweihnachtlichen Stimmung erfreuen. Bis bald!

Auch Sankt Petersburg hatte einiges zu bieten. Hier ein kleine Auswahl.

Morgen kommt die zweite Besuchswelle in Jyväskylä an. Am Wochenende mache ich dann mit Maria, Jeanette und Lars Helsinki unsicher. Wenn die drei dann wieder nach Deutschland entschweben, geht es bei mir nahtlos weiter nach Lappland. Glaubt wirklich noch jemand, dass ich hier studiere?

Hier nun endlich die versprochenen Fotos. Sankt Petersburg folgt bald. Die dazugehörigen Histörchen gibts dann beim nächsten Treffen 😉

Übrigens liegt hier jetzt ordentlich Schnee, die Straßen sind vereist und es ist demetsprechend winterlich kalt. Und bei euch so?

Nach einer verrückten Woche in Moskau und Sankt Petersburg habe ich die Grenzen der Europäische Union heute Nacht wieder erreicht. Der Trip nach Russland gehört alles in allem zu den bizarrsten Dingen, die ich jemals erlebt habe. Und das liegt nicht nur daran, dass ich mit ungefähr 50 mehrheitlich partywillige Austauschstudenten unterwegs war. Russland ist anders. Ich verzichte jetzt erstmal auf detaillierte Reisebeschreibungen und gebe die Dinge wider, die bei mir am meisten Eindruck hinterlassen haben.

Die ersten Tage haben wir in Moskau verbracht, wo der Turbokapitalimus vor kommunistischer Kulisse prosperiert. Wenn ihr mal so ziemlich jede gängige Luxuslimousine namhafter Hersteller in kürzester Zeit sehen wollt, dann stellt euch einfach mal 10 Minuten an eine der riesigen Straßen Moskaus, z.B. vor die ehemalige KGB Zentrale, in der heute ganz selbstverständlich der FSB unter Hammer und Sichel Ornamenten residiert. Direkt neben dem Sitzes des Premierministers Putin prangt eine riesige Gazprom Leuchtreklame, wohl um daran zu erinnern, wer hier die Macht ausübt.

Lenin wird zwar noch immer verehrt, dennoch habe ich vor einem Lenindenkmal einen als Homer Simpson verkleideten Typen herumlaufen sehen und in der Nähe des Roten Platzes wartet einträchtig Lenin und Stalin Klone, um mit Touristen Fotos zu machen.

Des Weiteren war es nahezu beängstigend wie viele Milizionäre, Polizisten und Soldaten in Moskau unterwegs sind –immerhin kommen hier Frauen mit einer Schwäche für Männer in Uniform auf ihre Kosten. Doch auch Männern wird einiges geboten. Sollte es unter meiner Leserschaft Herren mit einem ausgeprägten Faible für junge Frauen in Stiefeln mit unendlich hohen Absätzen geben, so lege ich diesen Russland ans Herz, wo diese Teile wohl gerade das must-have sind. Was sich die dortige Damenwelt antut, kann nicht gesund sein, tut schon beim zusehen weh und vermittelt alles andere als Understatement.

In Sankt Petersburg durften wir dann den ‚Tag der Miliz’ miterleben, an dem selbige mit ihren lustigen Rad-Panzern die Stadt unsicher machen und sich gepflegt die Kante gibt. Gegen ausreichend Rubel kann man sich diese Panzer auch kurz ausleihen oder bei geringerer Liquidität auch einfach nur reinklettern und mit ein paar AK-47 rumposen, wie es einige postpubertäre Jungs unserer Gruppe dann auch gemacht haben.

Für Geld scheint man in Russland fast alles bekommen zu können – nicht nur den Führerschein. Dies führt übrigens zu chaotischen Verkehrsverhältnissen, die für den gesetzestreuen Deutschen wie die blanke Anarchie anmutet, insbesondere Fußgänger scheinen Freiwild zu sein. Doch zurück zur Käuflichkeit: Den barocken Thronsaal von Katharina der Großen kann man mit ausreichend Rubel in der Portokasse natürlich auch mieten. Das überbordende Bling-bling hat Elton John schon mal zu einem Privatkonzert verleitet. Ich hab meine restlichen Rubel dann lieber doch in Wodka investiert. Die Versorgungs- lage in Finnland sollte bis zur Abreise erstmal sichergestellt sein 😉

Dieses Wochenende war Kräfte zehrend aber die Teilnahme an der „ESN Sea Battle“ hat sich gelohnt. Grundkonzept des Trips: Erasmus-Studenten aus Schweden, Finnland und Estland gondeln mit den berüchtigten ‚Tax Free’ Fähren über die Ostsee, haben die Möglichkeit die Hauptstädte der jeweiligen Länder kennen zu lernen und sorgen in der Nacht dafür, dass die Fähren auch ohne Seegang schwanken.

Es war ein bisschen wie der Rainbowtours Trip nach Lloret de Mar, den ich nie machen wollte. Zu dieser Atmosphäre hat sicherlich die rhythmischen Gesänge vieler meiner dauerprallen Mitstreiter aus Jyväskylä gesorgt – mal ganz international und allgemeinverständlich: „Jyväskylä-Drinkig Team – schalalalala!“ oder auch alternativ national geprägtes Liedgut, z.B. von der stark vertretenen deutschen Fraktion auf der Fähre, zur Melodie von ‚Ohne Holland fahr’n wir zu WM’: „Wenn wir sinken, sind wir alle tot!“.

Jyväskylä Drinking Team in Action

Nur um zu illustrieren welch Geistes Kind einige Teilnehmer waren, sollte hier erwähnt werden, dass ein Niederländer und ein Franzosen sich schon im Bus zur Fähre lautstark das überaus kreative Verbalduell „Funny things to throw up at/in“ geliefert haben (meine Lieblingsantwort war ‚in an umbrella and then open it’)

Nahtlos hat sich da eingepasst, dass im Hafenterminal von Helsinki gratis Kondome verteilt worden und einige Mitreisende nie in ihren Kabinen angekommen sind… Ich habe mir die Kabine übrigens mit einem weiteren Deutschen und zwei Spaniern geteilt, die tatsächlich bis kurz vor sieben gefeiert haben und somit auch bei mir für wenig Schlaf gesorgt haben – bei denen ist der Sightseeing-part definitiv auf der Strecke geblieben.

Aber auch abgesehen von den ‚Party bis zum Anschlag’-orientierten Teilnehmern, war das Wochenende echt unglaublich intensiv und unglaublich toll. Sowohl Stockholm als auch Tallinn sind einen Besuch wert. Zudem konnte man einen Blick auf die nordische Fährverbindungs-Kultur werfen.

Stockholm

Tallinn

mit 20l Vodka nach Helsinki

Eigentlich bräuchte ich erstmal eine Woche Urlaub von dem Trip, daraus wird aber nichts, denn am Donnerstag geht es auf nach Russland!